Lesere, Leserne, Leseleit ond sonscht ebbes
Gendern uff Schwäbisch
Liabe Lesere – gendergerecht, ganz ohne Sternchen
Wie spreche ich meine Leser an? Liebe Leser? Liebe Leserinnen? Oder lieber gleich: Liebe Leser*innen, Leser:innen, Leser_innen, LeserInnen, Lesende oder – ganz kreativ – Lesewesen? Ihr merkt’s schon: Die Anrede ist zur Weltanschauung geworden.
Und ja – ich verstehe das. Es gibt mehr als zwei Geschlechter. Auch wenn die Biologie uns hartnäckig nur XX und XY präsentiert – was jemand fühlt, ist für mich real. Und verdient Respekt. Punkt. Ganz egal, was die Chromosomen sagen. Ich persönlich finde: Gefühle sind Fakten. Jedenfalls für den, der sie fühlt. Und das ist mir wichtig. Denn was ist schon „objektiv“?
Was ist schon „objektiv“?
Ihr kennt das doch sicher auch: Man sitzt im Freundeskreis zusammen, war zur gleichen Zeit am gleichen Ort – und jeder erinnert sich an ein anderes Ereignis. Wir witzen irgendwie alle im selben Kino, aber jeder sieht einen anderen Film. Wahrnehmung ist eben so eine Sache. Und Wahrheit manchmal auch.
Ich will niemanden ausschließen. Wirklich nicht. Nur gefällt mir das mit dem Sternchen einfach nicht. Es sieht aus wie ein Schluckauf im Satz. Auch die anderen Varianten wirken einfach sperrig.
Schwäbisch? Ist von Natur aus schon gendergerecht
„Lesende“? Ganz nett.
„Lesewesen“? Fast poetisch – gefällt mir auch.
Aber eigentlich ist es doch ganz einfach: Denn wir sind hier in Schwaben. Und Schwäbisch ist einfach von alleine gendergerecht.
Ich hab gelernt: Es heißt „die Butter“. Im Schwäbischen? „Der Butter“. Und wenn man’s ganz korrekt ausspricht: „D’r Butter“. Da ist alles drin. Männlich, weiblich, dazwischen, darüber hinaus. Meistens wird ohnehin überall ein „le“ angehängt und dann ist es eh egal. Alle einbezogen – ohne Diskussion. Dialektisch elegant.

Liabe Lesere – Liabe Leserle
Und so hab ich’s übertragen:
Auf euch.
Auf uns.
Auf alle, die hier mitlesen.
„Liabe Lesere.“ Oder
„Liabe Leserle.“
Genderneutraler und freundlicher geht’s nicht.
A liabr Gruaß an mei Lese von Eurer Eulalia, dr Eil aus Degerschlacht